Schon von weitem leuchtet die großformatige Installation (Kindness) of (Strangers), 2015, von Alfredo Jaar (geb. 1956 Santiago de Chile, lebt in New York) dem Besucher entgegen. Nähert man sich der Arbeit, so werden zahlreiche, hell leuchtende Neonpfeile erkennbar, die aus unterschiedlichen Richtungen kommen und von unten nach oben zu weisen scheinen – oder von Süden nach Norden. Denn wie eine kleine, dazugehörige Grafik in nächster Nähe der Arbeit offenbart, entsprechen sie den Bewegungen von flüchtenden Menschen Richtung Europa im Jahr 2015. Alfredo Jaar beschäftigt sich in seiner Kunst von Beginn an mit den politischen Strukturen unserer Welt und der damit verbundenen gesellschaftlichen, sich auch geografisch manifestierenden Ungleichheit. In (Kindness) of (Strangers) stehen die abstrakten Linien des Kunstwerks für die sehr realen Routen, die Flüchtende und Verfolgte – in der Hoffnung auf Zuflucht und „Kindness“, Freundlichkeit, in der Fremde – auf sich nehmen.

Die Arbeit wurde 2018 im Rahmen der Ausstellung Hello World. Revision einer Sammlung im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin gezeigt. Nicht unweit stand Siah Armajanis Installation Glass Front Porch for Walter Benjamin, 2001, (Schenkung des Künstlers an die Freunde der Nationalgalerie 2014), die unter anderem ebenso eine Flucht, nämlich Walter Benjamins vor den Nationalsozialisten, thematisiert. In Jaars künstlerisch reduzierter Kartographie der Bewegung drückt sich die traurige Allgegenwart von Verfolgung und Flucht aus und verdeutlicht, wie der Künstler sagt: „In dieser chaotischen Kartierung sind wir alle Fremde auf der Suche nach Freundlichkeit.“

(Kristina Schrei)