Wer heute an das Wandern als Motiv in der Malerei denkt, der hat Caspar David Friedrichs berühmtes Gemälde „Wanderer über dem Nebelmeer“ vor Augen. Diese herausragende Leihgabe aus der Hamburger Kunsthalle bildet den Ausgangspunkt für eine Sonderausstellung in der Alten Nationalgalerie, die diesem für die Kunst überraschend zentralen Thema durch das gesamte 19. Jahrhundert bis hin zu Beispielen der klassischen Moderne nachspürt.
Mit Rousseaus Parole Zurück zur Natur! und Goethes Sturm-und-Drang-Dichtung wird das Wandern um 1800 zum Ausdruck eines modernen Lebensgefühls. Angesichts der rasanten gesellschaftlichen Umbrüche seit der Französischen Revolution entwickelt sich in einer Gegenbewegung eine neue Form der entschleunigten Selbst- und Welterkenntnis, die bis heute nachwirkt.
Seit der Romantik erobern sich Künstler die Natur zu Fuß und unter neuen Aspekten. Dem Wandern wächst dabei in der Kunst die sinnbildliche Bedeutung der Lebensreise und der symbolischen Pilgerschaft zu. Die selbstbestimmte Fußreise eröffnet eine neue, intensive Art der Naturbegegnung und eine sinnliche wie auch körperliche Form der Weltaneignung.
Die in der Ausstellung gezeigten Werke von Meistern wie Caspar David Friedrich, Carl Blechen, Karl Friedrich Schinkel, Johan Christian Dahl, Richard Wilson, Christen Købke, Gustave Courbet, Iwan Kramskoi, Ferdinand Hodler, Auguste Renoir, Emil Nolde, Ernst Ludwig Kirchner, Otto Dix und Ernst Barlach verdeutlichen, wie wirkmächtig und fruchtbar das Motiv des Wanderns nicht nur in Deutschland, sondern von Frankreich, Großbritannien über Dänemark und Norwegen bis nach Russland war. Die Ausstellung ist thematisch in verschiedene Kapitel gegliedert: Entdeckung der Natur, Lebensreise, Künstlerwanderung, Spaziergänge, Sehnsuchtsland Italien, Wanderlandschaften nördlich der Alpen.