Bunny Rogers
Mandy’s Piano Solo in Columbine Cafeteria, 2016

Künstler/in
Bunny Rogers

Titel
Mandy's Piano Solo in Columbine Cafeteria

Entstehungsjahr
2016

Technik und Dauer
13:16 Min.

Erwerbungsjahr
2018

Columbine Cafeteria erinnert an ein traumatisches Ereignis der amerikanischen Millennials: das school shooting in der Columbine High School in Littleton/Colorado am 20. April 1999. Zwei Schüler hatten in einem minutiös geplanten Anschlag zwölf Mitschülerinnen und Mitschüler, einen Lehrer und sich selbst erschossen. Sie kopierten und zitierten mit ihrer Aktion militärische Einsatzkommandos und Ego-Shooter-Spiele wie Doom. Bis heute ist dieser Amoklauf die blutigste Tat dieser Art an einer US-amerikanischen High School.
Columbine Cafeteria ist Teil eines Werkzyklus von Bunny Rogers, zu dem auch eine zwei Jahre zuvor realisierte Installation gehört, die einen anderen Hauptschauplatz des Amoklaufs und den Ort der meisten Todesopfer umkreist, die Bibliothek. Bereits Columbine Library verwies mit den Figuren Joan of Arc aus Clone High und Gaz aus Invader Zim auf zwei der TV-Serien-Charaktere, mit denen sich Rogers zeitweilig identifizierte. Die Künstlerin verwebt diese von Wut und Selbsthass erfüllten Figuren mit den Columbine-Attentätern, um der Frage nachzugehen, wie weibliche Gewalt aussähe, wenn sie sich ausdrücken und nicht wie so häufig verinnerlichen würde.

Columbine Cafeteria präsentiert die Sängerin und Schauspielerin Mandy Moore, wie sie in der Folge Snowflake Day: A Very Special Holiday Special (2003) vorkommt. Dort ist Joan of Arc Mandy Moore gegenüber zunächst feindselig und demonstriert damit ihre tief verinnerlichte Misogynie. Doch am Snowflake Day trinken beide gemeinsam Alkohol (ein seltenes Bild in Animationsserien) und demonstrieren, dass weibliche Freundschaft möglich ist.

Im Video spielt Mandy Moore in einem leichten, für Rogers' Farbpalette typischen fliederfarbenen Kleid einsam drei Songs von Elliott Smith auf einem Flügel. Neben Moore stehen eine Flasche Wein und ein Glas, das sie zwischen den Stücken füllt und austrinkt. Schauplatz ist die leere Cafeteria der Columbine High, deren Boden mit Schnee bedeckt ist. Rogers präsentiert den Film in einem Raum mit einem Flügel und einer davor stehenden Klavierbank, in der sich – für die Besucher nicht sichtbar – gestrickte Socken befinden. Auch der Boden des Ausstellungsraums ist mit aus Schneemaschinen langsam rieselndem Schnee bedeckt. Flackernde Teelichter in ausgehöhlten Äpfeln, in die Fratzen geschnitten sind, bilden neben der Projektion die einzige Lichtquelle und erinnern an Jack O’Lantern, der als Henkersmalzeit einen Apfel erhalten sollte, sowie an Halloween: die Nacht, in der nach keltischem Glauben die Seelen der Toten in ihr früheres Heim zurückkehren.

Rogers überblendet so zum Einen den physischen und den fiktiven Raum, zum Anderen die Wiederholung von traumatischen, verdrängten, sich der Verbildlichung und Versprachlichung widersetzenden Erfahrungen und ihre eigene biografische Verarbeitung der Ereignisse, die sich abspielten, als Rogers selbst neun Jahre alt war. Diese narrativen Elemente verbindet sie in ihrer Arbeit mit Zeichentrickserien und der Musik von Elliott Smith, die in ihrer eigenen Teenagerzeit für sie prägend waren.

Anna-Catharina Gebbers