• Laufzeit17. Februar 2006 - 17. Mai 2006
  • OrtNeue Nationalgalerie
  • Die Ausstellung wurde ermöglicht durch die Freunde der Nationalgalerie.

Zu Beginn des Jahres 2006 widmet sich die Nationalgalerie einem Generalthema der europäischen Kunst: der Melancholie. Die Idee der Melancholie ist die universale Bezugsgröße aller bedeutenden Meisterwerke von der Antike bis zur Gegenwart, gilt sie doch als wesentliches Gemütsmerkmal des kreativen Geistes und ist zu jeder Zeit treibende Kraft großer künstlerischer Schöpfungen gewesen.
Ausgehend von der antiken Temperamentenlehre, nach der die Verteilung der Körpersäfte die Gemütslage eines Menschen bestimmt, bezeichnet die Melancholie sowohl den Zustand des Trübsinns und der Depression als auch denjenigen der schöpferischen Schwermut. Ein Zusammenhang von Melancholie und Intelligenz, erstmals im Umfeld des Aristoteles erwähnt und in der italienischen Philosophie der Renaissance durch Marsilio Ficino herausgestellt, bleibt bis heute prägend.

Zu Beginn des Jahres 2006 widmet sich die Nationalgalerie einem Generalthema der europäischen Kunst: der Melancholie. Die Idee der Melancholie ist die universale Bezugsgröße aller bedeutenden Meisterwerke von der Antike bis zur Gegenwart, gilt sie doch als wesentliches Gemütsmerkmal des kreativen Geistes und ist zu jeder Zeit treibende Kraft großer künstlerischer Schöpfungen gewesen.

Ausgehend von der antiken Temperamentenlehre, nach der die Verteilung der Körpersäfte die Gemütslage eines Menschen bestimmt, bezeichnet die Melancholie sowohl den Zustand des Trübsinns und der Depression als auch denjenigen der schöpferischen Schwermut. Ein Zusammenhang von Melancholie und Intelligenz, erstmals im Umfeld des Aristoteles erwähnt und in der italienischen Philosophie der Renaissance durch Marsilio Ficino herausgestellt, bleibt bis heute prägend.
Die antike Theorie der Viersäftelehre entsprach dagegen mit der Entdeckung des Blutkreislaufes im 17. Jahrhundert nicht mehr dem wissenschaftlichen Stand – die Faszination des Begriffes Melancholie und seiner Assoziationen blieb jedoch weiterhin ungebrochen und löste starke Impulse in verschiedensten Wissensgebieten aus.

Melancholie ist das Bewusstsein von der Endlichkeit der menschlichen Erkenntnis in einer als unendlich empfundenen Welt. Das Verlangen, diese Schranken zu durchbrechen und zu neuen Horizonten vorzustoßen, ist bis heute eine der Wesensdefinitionen von Kunst. Melancholie und der mit ihr verbundene Geniekult lassen Kunst erst möglich werden.

Die Ausstellung „Melancholie. Genie und Wahnsinn in der Kunst“ hat als Ziel daher nicht weniger als die Lüftung des spirituellen Geheimnisses der Entstehung von Kunst. Die großen Genies der Kunst werden zu einer Ideengeschichte versammelt, wie sie in dieser epochalen Form bislang noch nicht geschrieben worden ist. Mit zahlreichen Meisterwerken aus großen internationalen Museen und Sammlungen entfaltet die Ausstellung ein Bilderpanorama, das den Besucher in einem einzigartigen Parcours durch mehr als zwei Jahrtausende der Kunstgeschichte führt:

Dabei begegnet er ebenso antiken Darstellungen beispielsweise des griechischen Helden Ajax, der aus Scham über seine in geistiger Umnachtung begangenen Taten Selbstmord verübt, wie einer Folge von Bildnissen und Selbstbildnissen bedeutenden Künstler, darunter Albrecht Dürer, Johann Heinrich Füssli, Philipp Otto Runge, Arnold Böcklin und Pablo Picasso, die das Antlitz des in sich gekehrten Melancholikers zeigen, den gedankenschweren Kopf nicht selten in die Hand gestützt. Zu sehen sind aber auch Darstellungen des in Grübeleien versunkenen Menschen, der sich der Verlorenheit der eigenen Existenz angesichts einer übermächtigen Natur bewusst wird (Caspar David Friedrich, Der Mönch am Meer; Edvard Munch, Melancholie). Im Zentrum der Ausstellung steht die berühmte „Melencolia I“ von Albrecht Dürer: Seit ihrer Entstehung im Jahre 1514 nährt diese geheimnisvolle Gestalt, die sich mitten rätselhafter Gegenstände befindet, den Wissensdurst des Betrachters und ist wie kein zweites Werk in der Lage, den grenzenlosen Kosmos der Melancholie auf wenigen Quadratzentimetern geradezu ikonisch zu verbildlichen.

In der Neuen Nationalgalerie, Mies van der Rohes Idealtempel der Moderne, an der geistigen Schnittstelle zu den Welten der Forschung und der Texte in der Staatsbibliothek, der visuellen Print- und Massenmedien in der Kunstbibliothek sowie der Welt der Musik in der Philharmonie, gewinnt die Universalidee der Melancholie nun überzeugende Anschaulichkeit. Meisterwerke der Malerei, Graphik und Skulptur, alchemistische und wissenschaftliche Instrumentarien, kostbare Manuskripte und Dokumente machen die spannungsreiche Geschichte von Genie und Wahnsinn durch alle Epochen lebendig.