Geschichte

Alte Nationalgalerie und Friedrichsbrücke, 1905 | © bpk Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz

1929 bis 1945

Als der Konsul Joachim Heinrich Wilhelm Wagener dem König von Preußen 1859 seine Sammlung als Grundstock für eine Nationalgalerie testamentarisch vermachte, war auch dies ein Baustein zur Geburt des deutschen Nationalstaates. Mit dem 1876 eingeweihten monumentalen Tempel der Nationalgalerie war ein weiterer Schritt getan zur Herausbildung einer deutschen Nationalkultur im fünf Jahre zuvor gegründeten Deutschen Reich.

Bereits der 1896 berufene Direktor Hugo von Tschudi hegte den Traum, der National­galerie einen Förderverein an die Seite zu stellen. Doch erst sein 1909 eingesetzter Nachfolger Ludwig Justi ging im Juni 1929 daran, unterstützt vom Vorstands­vorsitzenden Eduard Freiherr von der Heydt, dieses Projekt zu verwirklichen.

In der Gründungsphase zählte der Verein der Freunde der Nationalgalerie 70 Mitglieder.

Kunstausstellung im Kronprinzenpalais, um 1930 | © VG Bild-Kunst, Bonn 2018

Während Ludwig Justi bei seinen Er­werbungen vorwiegend eine „deutsche Linie“ verfolgte, konnte der Verein auch internationale Kunst erwerben wie Braque, Gris, Munch, Picasso. Diese Werke blieben Eigentum des Fördervereins und wurden der Nationalgalerie als Leihgaben zur Ver­fügung gestellt.

Nach Anbruch des Dritten Reichs und der Amtsenthebung Ludwig Justis blieben spektakuläre Erwerbungen aus. Seit der Aktion „Entartete Kunst“ 1937 war der Verein gezwungen, seine Gemälde der europäischen Moderne für einen Bruchteil ihres Wertes zu veräußern.

Im Verlaufe des Zweiten Weltkrieges hatte sich die Mitgliederzahl des Vereins der Freunde der Nationalgalerie auf 15 re­du­ziert. Nach Kriegsende stellte er seine Aktivitäten ein.

Ludwig Justi gründete 1929 den Verein ``Freunde der National-Galerie``, der im Zweiten Weltkrieg seine Arbeit praktisch einstellte. Das Foto zeigt ihn im Neuen Zeughaus-Museum, um 1956

1977 bis heute

Barnett Newman: Who's Afraid of Red, Yellow and Blue IV, 1969-70 | © Staatliche Museen zu Berlin / Simon Vogel / Barnett Newman Foundation / VG Bild-Kunst, Bonn 2018

Erst am 8. Juni 1977 konnten auf Initiative des Direktors Dieter Honisch die Freunde der Nationalgalerie wieder ins Leben ger­ufen werden. Bereits auf der Gründungs­versammlung im Büro des Rechtsanwalts Peter Raue wurde be­schlossen, Max Liebermanns „Stevenstift in Leyden“ zu erwerben, um anderen Kaufinteressenten zuvor­zukommen. Damit war der Verein in seiner Satzungsaufgabe auf Anhieb aktiv geworden; und in diesem Tempo sollte es weiter gehen.

Heute zählt der Förderverein mehr als 1.400 Mitglieder und Firmenmitglieder, die allein durch die Mitgliedsbeiträge einen Etat von über 1 Million Euro zur Verfügung stellen. Die Erfolgsgeschichte der Freunde ist eng verbunden mit der Persönlichkeit seines ersten Vorsitzenden Peter Raue (1977-2008). Seinem Charisma ist die Entwicklung zum bedeutendsten Museums­verein in Deutschland zu verdanken. Heute sind es drei Säulen, die gemäß der Satzung die Tätigkeit der Freunde der Nationalgalerie bestimmen: Der Erwerb von Kunstwerken außer­ordentlichen Ranges, die Finanzierung und Realisierung von Sonderausstellungen herausragender Künstler und bedeutender kunst­historischer Themen sowie die Förderung wissenschaftlicher Arbeiten.

Peter Raue und Dieter Honisch vor Dubuffets ``Le Chasseur`` und Fautiers ``Swirls``, 1987 | © VG Bild-Kunst, Bonn 2018

Heiner Pietzsch und Peter Raue feiern den Erfolg der Picasso-Ausstellung, 1992

Max Liebermann: Blumenstauden am Gärtnerhäuschen nach Norden, 1928 | Ankauf durch die Freunde der Nationalgalerie, 1997

Der Wert der vom Verein bislang erworbenen Kunstwerke liegt bei der phänomenalen Summe von 55 Millionen Euro. Die Skala der Erwerbungen reicht von Adolph Menzel und Max Liebermann über die dadaistischen Assemblagen von Hans Arp, Hannah Höch und Kurt Schwitters bis hin zur Rückerwerbung „entarteter Kunst“ mit Emil Noldes „Christus und die Sünderin“ sowie dem Ankauf zeitgenössischer Werke beispielsweise von Jenny Holzer, Christoph Schlingensief, Thomas Demand oder Fiona Tan. Absoluter Höhepunkt im Leben der Freunde war 1982 der tollkühne Mut – der Verein zählte damals 120 Mitglieder – zum Erwerb von Barnett Newmans „Who’s Afraid of Red, Yellow and Blue IV“ für 1,2 Millionen US Dollar, einem Hauptwerk amerikanischer Farbfeldmalerei. Zuerst wurde gekauft – erst danach wurde begonnen zu sammeln.

Menschenschlange vor der Ausstellung ``Das MoMA in Berlin``, 2004

Kissenverleih vor der Ausstellung ``Die Schönsten Franzosen kommen aus New York``, 2007

1984 entschlossen sich die Freunde auf Anregung des Vorsitzenden Peter Raue neben dem Erwerb von Kunstwerken auch die Finanzierung von Ausstellungen der Nationalgalerie zu übernehmen. Mehr als neun Millionen Menschen haben die über 100 von den Freunden der Nationalgalerie seitdem finanzierten Ausstellungen besucht. Absoluter Glanzpunkt war die am 20. Februar 2004 eröffnete Ausstellung „Das MoMA in Berlin“. 1,2 Millionen Besucher strömten in die Neue National­galerie. Das war der bislang größte Erfolg des Fördervereins auf diesem Gebiet mit einem finanziellen Über­schuss von 6,5 Millionen Euro aus Eintrittsgeldern, Katalogverkäufen sowie Erlösen aus dem Museumsshop. Das allein spricht für die öffentliche Wirkung dieser Ausstellung.

Überragende Erfolge waren auch die Ausstellungen „Die schönsten Franzosen kommen aus New York“ (2007) mit 700.000 Besuchern, „Picasso – Die Zeit nach Guernica 1937-1973“ (1992) mit über 300.000 Besuchern, „Sensation“ (1998/99) mit 155.000, Tomás Saraceno (2011) mit rund 130.000, die Andy-Warhol-Retrospektive (2001/02) mit 200.000 und die Gerhard-Richter-Retrospektive (2012) mit 380.000 Besuchern.

Verleihung des Preis der Nationalgalerie an Mariana Castillo Deball und des Preis für junge Filmkunst an Victor Orozco Ramirez, 2013 | Foto: David von Becker

Über die Jahre verteilt hat sich erwiesen, dass sich Erlöse und Verluste aus den Ausstellungen ausgleichen. Somit konnte das gesamte Aufkommen aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen weiterhin ausschließlich für den Erwerb von Kunstwerken verwendet werden.

Seit dem Jahr 2000 hinzugekommen ist der „Preis der Nationalgalerie“, gestiftet von den Freunden. Die Freunde reagierten mit der Ausschreibung dieses Preises nicht zuletzt darauf, dass sich zu Beginn des vergangenen Jahrzehnt eine neue, junge Kunst- und Kulturszene in Berlin zu entwickeln begann. Junge Künstler aus der ganzen Welt kamen (und kommen) in die Kulturmetropole an die Spree, weil sie sich von der schöpferischen Atmosphäre der Stadt beflügelt und inspiriert fühlten. Im Jahr 2019 wurde der mittlerweile international anerkannte Museumspreis zum zehnten Mal verliehen.

Besucher in der Ausstellung ``Anton Graff - Gesichter einer Epoche`` in der Alten Nationalgalerie, 2013 | Foto: David von Becker

Weiterhin wurden zwei Tochter­gesellschaften gegründet: 1996 die „Hamburger Bahnhof Veranstaltungs­gesell­schaft mbH“, welche 2003 ihr Tätigkeitsfeld auf die 17 Häuser erweitert hat und seitdem als „Museum & Location Veranstaltungs­gesellschaft der Staatlichen Museen zu Berlin mbH“ firmiert. Museum & Location ermöglicht es, die Räumlichkeiten der Staatlichen Museen für Ver­anstaltungen und Führungen außerhalb der regulären Öffnungs­zeiten zu nutzen. Im Jahr 2005 wurde Museum & Service als Betriebs­gesellschaft der Staatlichen Museen zu Berlin gegründet, welche Dienst­leistungen rund um die Ausstellungs­organisation realisiert z.B. Besucher­management, Museumsshop-Konzepte, die Live!Speaker-Projekte und Führungs­dienste.

Robert Kusmirowski: Wagon, 2006, Ankauf durch die Stiftung des Vereins der Freunde der Nationalgalerie für zeitgenössische Kunst, 2009 | © Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie / Thomas Bruns

Darüber hinaus wurde im Jahr 2005 aus dem Gewinn der MoMA-Ausstellung die mit 6 Mio. Euro dotierte Stiftung des Vereins der Freunde der Nationalgalerie für zeitgenössische Kunst gegründet, die dem Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin jährlich einen Etat zum Ankauf zeitgenössischer Kunst zur Verfügung stellt. Es ist die erste Stiftung in Deutschland, deren ausschließlicher Zweck der Erwerb von zeitgenössischer Kunst für ein staatliches Museum ist.

Jenseits dieser so außerordentlichen Fördertätigkeit für die Nationalgalerie, jenseits auch der ökonomischen Orientierung für die Staatlichen Museen gehört zu den vorbildlichsten Leistungen der Freunde seine gesellschaftliche Prägekraft weit über die Nationalgalerie hinaus.

Jenny Holzer: Project for the Nationalgalerie, 1977-2001 | Ankauf durch die Freunde der Nationalgalerie, 2001 | © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

Im Jahr 2008 übernahm Christina Weiss, Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien a. D., den Vorsitz der Freunde von Peter Raue und führte die erfolgreiche Arbeit gemeinsam mit Udo Kittelmann, der ebenfalls 2008 zum Direktor der Nationalgalerie berufen wurde, fort. Die Öffnung gegenüber anderen Disziplinen der Kunst beispielsweise durch die Ergänzung des Preis der Nationalgalerie um einen „Förderpreis für Filmkunst“ in Kooperation mit der Deutschen Filmakademie oder zahlreiche literarische Rahmenprogramme zu den Ausstellungen, wurden von Christina Weiss stark befördert und eröffneten ein erweiterten Blick auf die bildende Kunst.

Seit dem Frühjahr 2014 steht Gabriele Quandt, langjähriges Mitglied im Kuratorium, als dritte Vorsitzende den Freunden vor.