Im Sommer 1923 fand in der Neuen Abteilung der Nationalgalerie im Kronprinzen-Palais die sehr erfolgreiche Ausstellung zum 65. Geburtstag des Secessionspräsidenten Lovis Corinth statt. Unmittelbar darauf zeigte Justi in diesen Räumen neu erworbene Arbeiter Lesser Urys, darunter den Fliederstrauß, 1922, und sofort stellte sich eine Beziehung zu dem Bild Der Fliederstrauß von Edouard Manet, um 1882, im Impressionistenraum daselbst her, wie die Presse ausdrücklich vermerkte. Im folgenden Sommer erwarb Justi die gerade vollendeten Rosa Rosen von Corinth und verstärkte damit diese das breite Publikum versöhnlich stimmende Motivreihe.
Corinth, der in den 20er Jahren unter den Folgen eines Schlaganfalls wie unter schweren Depressionen litt, hat eben aus dieser Gefährdung heraus eine große Anzahl von Blumen und Sträußen gemalt. Wie seinerzeit den todkranken Manet reizte ihn an diesen fragilen Gebilden das Beieinander von kurzer Pracht und Vergänglichkeit, und wie Manet entlockte er ihrer Darstellung koloristische Reize von großer Feinheit. Unter dem Stichwort „Letzte Meisterschaft“ beschreibt Justi die Rosa Rosen von 1924 „als Beispiel aus einer Schar herrlicher Blumenstücke, die Corinth in seinen letzten Jahren malte, meist riesige Sträuße von vielerlei Blüten, gern besonders große Formen und leuchtende Töne darin, ein wahres Rauschen von Farbe, wie man es noch nie gesehen hatte. Die Rosen sind bescheidener in der Anlage, aber äußerst fein in der Stufung vom kühlen zum brennenden Rot; auch das Grau des Glases und der Umgebung ist farbig wie malerisch höchst lebendig.“