Marjetica Potrč befasst sich als Bildhauerin und Architektin mit architektonischen Strukturen und sozialen Gefügen in städtischen Zentren. Sie verarbeitet ihre Recherchen in konflikthaften städtischen und sozialen Kontexten zum einen in Form von Zeichnungen und Skulpturen; zum anderen entwickelt sie mit den Bewohnern und Fachleuten vor Ort Projekte, die auf eine Verbesserung der jeweiligen Lebenssituation abzielen. Ein Schwerpunkt ihrer künstlerischen Arbeit liegt auf der Untersuchung der Unterschiede zwischen einer von Architekten geplanten Stadt und einer „informellen“ Stadt, deren von den Bewohnern geschaffene Strukturen heute große Areale in den Metropolen der Welt bestimmen. Während diese Areale in der Regel als urbane Problembezirke gelten, interessiert sich die Künstlerin für das Potential dieser informellen Stadtteile.
2004 hat sie einen halbjährigen Aufenthalt in Caracas (Venezuela) dazu genutzt, die Bauweisen in den dortigen „Barrios“ zu studieren und die Organisationsformen der im Grunde illegalen Siedlungen zu erkunden. Ihr Resumée ist überraschend: In den „Barrios“ herrscht eine ausgeprägte soziale Bindung, die vor allem durch mündliche Absprachen innerhalb der Nachbarschaften aufrechterhalten wird. Die Stadtteile verfügen über eine umfangreiche Infrastruktur, über Schulen, Bibliotheken und medizinische Versorgungsräume, die für Außenstehende allerdings unsichtbar bleiben. Marjetica Potrč hat eine Architektur vorgefunden, die durchaus geeignet ist, neue Zugänge zu Fragen des nachhaltigen Bauens und zur Schaffung von gemeinschaftlich genutzten Räumen in einer Stadt zu eröffnen.