„Farbraumkörper“, manchmal auch „Farbleib“ nennt Gotthard Graubner, Schüler des zu unrecht fast vergessenen Dresdner Malers Wilhelm Rudolph, seine seit 1970 entstandenen Werke. Ihnen gingen flächige Farbräume und haptische Farbkörper voran, die er nun zusammenführte. „Farbraumkörper“ beschreibt in seiner Synthese aus Farbe, Raum und Körper sehr genau das Anliegen Graubners in einer Zeit, in der die Malkultur immer unwichtiger zu werden scheint.
Einen gewölbten Leib umhüllt eine durchschimmernd dünne Farbhaut. Wie von einem sanften Wind bewegt, schweben und tanzen feine Farbschleier in einem entgrenzten Raum auf eine visionäre Tiefe zu. ln stetigem Wandel, von warm nach kalt, von außen nach innen, von zartem Gelb zu leuchtendem Orange kreisen sie um Violett, Blau und Türkis. Sie umgehen auch einige Stellen und hinterlassen Spuren ihrer Bewegung auf dem hellblau aufscheinenden Grund der Leinwand, dem imaginären Sog der Mitte entgegen. Auf ihrem von keinem Rahmen eingeengten Weg fügen sie sich zu Formen, trennen sich und verbinden sich zu Neuem oder verschwinden im Nirwana. Der saugfähige Grund aus Synthetikwatte gibt und nimmt gleichermaßen der Farbe ihre Körperlichkeit und verstärkt die den Farben eigene illusionäre Kraft von Distanz und Nähe, von Gestalt und Vision. ln wochenlanger Arbeit trug der Künstler auf den am Boden seines Ateliers liegenden – zuvor mit Leinwand, Synthetikwatte und wieder Leinwand überzogenen – Bildkörper von allen Seiten Schichten um Schichten transparenter Farben, zuerst mit Besenpinseln, dann mit feineren, die ab und an die Pinselführung durchscheinen lassen, übereinander auf, um diese Wirkung zu erzielen.