Die Neue Nationalgalerie präsentiert in der oberen Halle eine Einzelausstellung von Monica Bonvicini und würdigt sie damit als eine der wichtigsten und einflussreichsten Künstlerinnen der Gegenwart. Die Ausstellung „I do You“ zeigt in der oberen Halle neue, ortsbezogene architektonische Installationen, skulpturale Objekte, performative und klangliche Arbeiten sowie eine Auswahl bekannter Werke aus ihrem international renommierten Oeuvre. Die Schau bietet eine völlig neue Raumwahrnehmung, die im Zusammenspiel von Sehen, Hören und direkter körperlicher Interaktion mit einigen Werken erfahrbar wird.
Bereits 1998 setzte sich Bonvicini mit der Skulptur „2 Tonnen Alte Nationalgalerie“ mit dem massiven städtebaulichen Umbauprozess auseinander, der zu dieser Zeit in Berlin stattfand. Viele der Umbauten dienten nicht nur der Reparatur und Erneuerung, sondern auch der Auseinandersetzung mit der politischen Geschichte der wachsenden Metropole. Mehr als zwanzig Jahre später beschäftigt sich die Künstlerin nun mit dem ikonischen Gebäude der Neuen Nationalgalerie. Bonvicini erforscht die verborgenen Mechanismen der westlichen „Moderne“, ihre sexuellen Aufladungen sowie die damit einhergehenden Überhöhungen und Mythisierungen. Die der Architektur und dem Museum fest eingeschriebenen Geschlechterverhältnisse und Gesellschaftsordnungen werden von der Künstlerin auf ironische und spielerische Weise entlarvt, demaskiert und destabilisiert. Bonvicinis Skulpturen sind hier als Einladungen zu verstehen, in neue Erfahrungsräume einzutreten.
In ihrer Ausstellung „I do You“ verändert Monica Bonvicini Mies van der Rohes Architektur der Moderne durch einen radikalen feministischen Vandalismus, der für ihre Interventionen typisch ist. Das Zusammenspiel mit performativen Interventionen und skulpturalen Werken ergibt eine vielschichtige Erzählung, die dazu auffordert, überholte Kategorien zu hinterfragen und einige bislang übersehene Aspekte des Museums zu untersuchen. Bonvicini macht das Gebäude und damit den öffentlichen Raum zur Verhandlungsebene des Privaten: Wie gehen wir im Raum miteinander um? Welche Strukturen und Machtverhältnisse sind in den Bo-den, die Wände oder die transparente Glasfassade eingeschrieben? Wie so oft in ihren Interventionen wird der Raum der Neuen Nationalgalerie grundlegend neu definiert: Bild- und Klangwelten, Spiegelungen und Brechungen bilden ein Ensemble verschiedener Stimmen. Die Umgebung transformiert sich in dieser multisensorischen Dissonanz, einer Störung, die sich selbst behauptet und zugleich destabilisiert.
Mit „I do You“ lässt sich Architektur wie eine Hauptrolle bei einem Theaterstück begreifen. Die Umgebung wird zu einer Bühne, auf der sich die Architektur besonders offen und freizügig zeigen kann. In diesem Sinne nimmt die Neue Nationalgalerie eine doppelte Funktion an: sie ist Ausstellungsort und Thema zugleich. Indem Bonvicini die historisch etablierten baulichen Narrative offenlegt und deren Legitimität in Frage stellt, eröffnet sie einen diskursiven Raum, der die Grenzen zwischen Innen und Außen, Privatem und Öffentlichem verwischt.
Kuratiert von Joachim Jäger und Irina Hiebert Grun, Neue Nationalgalerie
Die Ausstellung wird ermöglicht durch die Freunde der Nationalgalerie.
Mit freundlicher Unterstützung der Leinemann-Stiftung für Bildung und Kunst.
Die Ausstellung wird gefördert durch die Gaggenau Hausgeräte GmbH, die ihr Engagement für die Neue Nationalgalerie damit fortsetzen.