Ho Tzu Nyen
The Critical Dictionary of Southeast Asia
Künstler/in
Ho Tzu Nyen
Titel
The Critical Dictionary of Southeast Asia
Entstehungsjahr
2017, fortlaufend
Technik und Abmessung
2 Kanal-HD Video, 6-Kanal-Sound. LED Leuchten, 2 PCs (Duration: Infinite)
Erwerbungsjahr
2024
Erwerbung der Stiftung
CDOSEA (The Critical Dictionary of Southeast Asia) ist ein fortlaufendes Metaprojekt des Künstlers Ho Tzu Nyen. Ausgangspunkt für sein „Kritisches Wörterbuch Sudostasiens“ ist eine Frage: Womit lässt sich die Einheit von Südostasien begründen, einer Region, die nie durch Sprache, Religion oder politische Strukturen geeint war? Denn „Südostasien“ ist keine Eigenbezeichnung von den in dieser Region lebenden Menschen, sondern wurde im Rahmen ihrer Kolonialisierung und während des Zweiten Weltkriegs als euro-amerikanische militärische Gebietsbezeichnung verwendet. Die Bezeichnung Südostasien reduziert die Region auf eine Kontrolleinheit. Tatsächlich ist Südostasien durch religiöse wie sprachliche Heterogenität und die kolonialgeschichtlich bedingte Zersplitterung die vielleicht diverseste Region der Welt.
In seinem algorithmischen Projekt setzt Ho Tzu Nyen einem vereinheitlichenden Denken ein fließendes Modell von verschiedenen Perspektiven gegenüber. So wie Gilles Deleuze in seiner Publikation Die Falte überträgt Ho Tzu Nyen Gottfried Wilhelm Leibniz’ Monadologie auf die Gegenwart: Die Falte wird hier zur Metapher für einen im Werden bleibenden Prozess, in dem Entwicklung eine stets in Bewegung begriffenen Entfaltung der vorhandenen Vielfältigkeit von Realitäten ist.
Und so schlägt Ho Tzu Nyen für jeden Buchstaben des lateinischen Alphabets verschiedene Begriffe vor, die unterschiedliche Konzepte, Motive oder Biografien repräsentierten. Dazu hat der Künstler eine sich stets erweiternde Sammlung von Archivbildern, Texten und Klängen angelegt. Ein Algorithmus erzeugt daraus immer wieder neue Verbindungen, Assemblagen und Linien, durch die Sprache, Eigenheiten und Machtverhältnisse ihre Einheitlichkeit verlieren. Vorgeschlagen wird so, Begriffe und Geschichte nicht linear, sondern als stets beweglichen Erzählvorgang zu denken, der Gegenerzählungen und unterschiedliche Realitäten zulasst.
Anna-Catharina Gebbers
Bildquellen
- _BCJ3394: Ho Tzu Nyen, ‘The Critical Dictionary of Southeast Asia vol. 2: G for Ghost (writers)’, (2012-ongoing). Installation view, ‘The Principle of Uncertainty’ at ‘National Museum of Modern and Contemporary Art (MMCA), Korea / mage courtesy of the artist and MMCA.