Melvin Moti
No Show, 2004
Künstler/in
Melvin Moti
Titel
No Show
Entstehungsjahr
2004
Technik und Dauer
16mm Film auf DVD, Farbe und Sound, 24 Minuten
Erwerbungsjahr
2009
Erwerbung der Stiftung
Melvin Moti schafft vor allem Filme und Videos, begleitet von Fotografien, Objekten, Drucken und Büchern. Oft kreisen seine Arbeiten um obskure Episoden oder Nebenfiguren der Geschichte des letzten Jahrhunderts. Sowohl sein Medium Film als auch seine Themen haben prekären Status – nahe daran, vergessen zu werden, falls sie es nicht schon sind. Moti aktiviert sie jedoch nicht aus Nostalgie, sondern als Ausgangspunkte, um Grenzen des Vorstell- und Erfassbaren, Abstände zwischen Tatsachen und Unglaublichem, Lücken zwischen Klarheit und Unbewusstem neu zu erkunden.
Auch in seinem ursprünglich auf 16 mm-Film gedrehten Video No Show (dt. Keine Ausstellung) und dem gleichnamigen Künstlerbuch geht es um Imagination – als produktives Gegenwicht zu Fiktionalisierung und Virtualisierung. Moti bezieht sich darin auf das historische Ereignis einer Museumsführung in der Eremitage in Sankt Petersburg: Während des Zweiten Weltkriegs hatte das Museum seine Kunstsammlung aus Sicherheitsgründen ausgelagert. 1943 führte ein Museumswärter eine Gruppe von Soldaten durch die leeren Säle, in denen nur die Bilderrahmen ohne Werke an den Wänden verblieben waren, und beschrieb ihnen die Gemälde etwa von Fra Angelico oder Rembrandt van Rijn aus der Erinnerung.
In No Show ist aus dem Off eine männliche Stimme zu hören, die in russischer Sprache eine nicht zu sehende Besuchergruppe adressiert und ihr Kunstwerke beschreibt. Zu sehen ist nicht mehr als ein einziger sehr langsamer Zoom durch einen leeren, sich in der Dämmerung allmählich verdunkelnden Raum. Mit Hilfe von Tonspur und Einbildungskraft vermag so vermutlich mehr als eine ganze Ausstellung in der Eremitage in den Jahren des Zweiten Weltkriegs vor den Augen von Betrachter*innen entstehen. Zwischen lokalisierbaren Bildern und entzogenen Sicherheiten kann sich in Motis Werk ein bewusst gehaltener Zwiespalt im besten Sinne entwickeln – Raum für andere Bilder und ihre Wirksamkeit, die in letzter Instanz von etwas abhängt, das sich außerhalb von ihnen selbst abspielt.
-ak