Produktion von Kunst ist für Nairy Baghramian untrennbar von den rahmenden Situationen ihrer Ausstellung. Oft nähert sich die Künstlerin ihnen von den Rändern, Durchgängen oder Korridoren her und markiert mit ihren Arbeiten Stellen im Raum statt ihn zu dominieren. Subtil setzt Baghramian in ihren Skulpturen Materialien mit verschiedenen haptischen Eigenschaften und historischen Konnotationen ein, bezieht sich auf Diskurse der Moderne und Postmoderne in Architektur, Design und Kunst und hinterfragt Mechanismen institutioneller Macht.

So minimalistisch Baghramians Arbeiten wirken mögen, verbindet sich mit ihnen eine Auslegung der vorgefundenen Situationen, auf die sie aber nicht beschränkt bleiben. Das gilt auch für Baghramians Sammelbox, die das Publikum als Ausgangspunkt in die Ausstellung Under Construction empfängt.

Ursprünglich für das Foyer der Kunsthalle Basel entstanden, ist das aus der Wand kragende kleinformatige Objekt aus weiß lackiertem Metall und Acrylglas auf einen Dialog mit seinen Betrachter*innen angelegt und weckt unterschiedliche Assoziationen und Erwartungen: So lässt es etwa an Gegenstände aus sakralen Zusammenhängen, Spenden- oder Sammelbehälter, architektonische Konstruktionen oder Faltschachteln denken. Konkret ist jedoch keine dieser Auslegungen haltbar. Sinnbildlich scheint die Öffnung der Sammelbox vielmehr dafür zu stehen, wie durchlässig sie für Zuschreibungen ist. Aus kontrastierenden Bildern und Materialien – ein geöffneter Deckel trifft auf leeres Volumen, Durchblick ermöglichendes Acrylglas auf intransparentes Metall und eine Kordel – formt sich so, was Baghramian als „ambivalente Abstraktion“ bezeichnet.

–ak